Interview mit Svenja Ruda, Senior Testmanagerin

WIT: Hallo, Svenja, Bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich
Svenja: Hallo, ich bin Svenja und habe vor 20 Jahren Wirtschaftsinformatik studiert. Ich lebe in der Domstadt Köln und bin mit meinen drei zauberhaften Kindern gerne im Frühjahr im Karneval unterwegs. Ich liebe es im Garten Pflanzen und Tiere zu hegen und bin für alles Kreative (Backen, Musik, Kunst, Häkeln) zu haben.

WIT: Was machst du beruflich?
Svenja: Ich bin Senior Testmanagerin bei dormakaba.

WIT: Was genau versteckt sich hinter deiner Berufsbezeichnung?
Svenja: Als Testmanagerin verantworte ich den Test und die Qualitätssicherung für zwei große Projekte. Mit einem Team zusammen erstellen wir Testfälle und führen diese aus. Dazu gehört natürlich der gedachte Anwendungsfall, aber auch alle Anwendungsfälle, die Fehler provozieren und die Kompatibilität zwischen verschiedenen Versionen und Setups von der Hardware über die Cloud und mobile Anwendungen.
Außerdem ist es wichtig, Fehlerbilder zu analysieren und zu dokumentieren.

Am spannendsten finde ich hierbei das Thema Connectivity, dafür sind so viele Kleinigkeiten wichtig.

WIT: Wie bist du dazu gekommen, einen technischen Beruf zu wählen?
Svenja: Tatsächlich aus Interesse. Ich finde Informationstechnologie einfach spannend. Es gibt so viele Aspekte und verschiedene Applikationen, unterschiedliche Hardware und Software, Datenbanken, Protokolle, Cloud, Netzwerke, Rechtemanagement und Sicherheitsaspekte.

Ich war auch nicht immer bei dormakaba. Ich habe auch lange in der Banken IT gearbeitet und auch für die IT des Finanzministeriums.
Die zu unterstützenden Prozesse und die Problemstellungen sind so unterschiedlich und auch die Zielgruppe der Nutzer.

WIT: Wer oder was hat dich am meisten inspiriert, einen technischen Beruf zu wählen?
Svenja: Ich hatte 2 Tanten, die sehr fortschrittlich im MINT Bereich unterwegs waren. Mich hat damals vor allem ihre Selbstständigkeit und ihre Unabhängigkeit beeindruckt.
Ich habe in sehr jungen Jahren erleben dürfen, was es für eine Frau bedeutet (finanziell) abhängig zu sein.
Das war immer mein Anti-Pattern.

WIT: Hat dich Technologie und/oder Programmieren schon immer interessiert?
Svenja: Nein, eigentlich nicht speziell. Im Kinderzimmer damals gab es das nicht. Aber durch meinen Vater und seinen Hausbau habe ich viel auf der Baustelle gelernt.

WIT: Haben deine Eltern und Lehrer deine Vorliebe und dein Interesse für Technik gefördert?
Svenja: Meine Eltern sind eher nicht technisch interessiert. Meinem Vater verdanke ich aber mein Interesse an Technik. Er hat mich sehr früh an allem was beim damaligen Hausbau anfiel, teilhaben lassen. Dadurch habe ich keine Berührungsangst. Das meiste kann man sich durch Logik erschließen.

WIT: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Svenja: Am meisten freue ich mich, wenn wir gemeinsam mit Entwicklern und Produktmanagement ein qualitatives Release machen.
Für mich ist wichtig, Qualität entsteht nicht erst im Test, sondern vorher schon, wenn der zu unterstützende Anwendungsfall definiert wird und natürlich auch in der Softwarearchitektur und in der Entwicklung.
Es braucht immer etwas Zeit, bis sich ein Projektteam so gefunden hat, dass alle ein gleiches Verständnis von Qualität haben und einen gemeinsamen Qualitätsanspruch.
Diesem gerecht zu werden ist natürlich nicht einfach, insbesondere wegen Termindruck aus dem Markt oder dem Management und der notwendigen Kommunikation, bis alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind.
Wenn das aber erreicht ist und ein Projekt im „Flow“ ist, gibt mir das sehr viel.

WIT: Was ist für dich das Schönste an deinem Arbeitsalltag?
Svenja: Das schönste ist für mich, wenn ich mich selbst weiterentwickle und wenn ich die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, dabei unterstützen kann, sich weiterzuentwickeln.
Deswegen ist für mich einer der wichtigsten Aspekte, neben Schulungen und Weiterbildung, sich gegenseitig etwas bei zu bringen. Der Austausch von Wissen und Erfahrung macht ein (Projekt-) Testteam zu einer Superpower.

WIT: Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Svenja: Im Sommer sehr viel im Garten, ich liebe es, meine Pflanzen zu arrangieren und zu pflegen oder an den Häkelnadeln.

WIT: Welche Botschaft möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Svenja: Anfangen und keine Angst haben!
Das sage ich auch meinen Kindern immer. Natürlich gibt es Sicherheitsaspekte, die man einhalten muss.
Aber, wenn du anfängst mit Technik zu arbeiten, gibt es auf der Ebene wenig, was du so kaputt machen kannst, dass es einen Weltuntergang auslöst.
Wenn doch, ist es schlecht gemacht und schlecht getestet.

WIT: Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Svenja: Im Geschäft möglichst nichts persönlich nehmen.
Ich denke mir oft, wenn jemand doch mal die Contenance verliert, kommt derjenige nicht mit dem Druck oder den Anforderungen zurecht. Das entschuldigt es zwar nicht, aber es fällt mir leichter, es nicht persönlich zu nehmen.
Ansonsten bleibt mein Qualitätsanspruch an die eigene Arbeit auf dem höchstmöglichen Niveau und das reiße ich für niemanden ein.

WIT: Welchen Herausforderungen begegnest du speziell als Frau in deinem Beruf?
Svenja: Da ich in Teilzeit arbeite, muss ich das durchaus mal betonen, damit nicht der Eindruck entsteht zu wenig erreichbar zu sein. Ansonsten hat sich in den letzten 20 Jahren viel verändert.
Es gibt auch im Management immer mehr Herren, die ihren Part in den Familien übernehmen.
Der Manager, der rund um die Uhr arbeitet und dessen Frau nicht erwerbstätig zuhause bleibt und dort alles managt, ist zum Glück nicht mehr die Mehrheit.

Das ist gut so. Ich denke, ein Manager, der nur gut für das Unternehmen arbeiten kann, weil seine Frau daheim bleibt, hat Schwierigkeiten, die Bedürfnisse und Herausforderungen berufstätiger Frauen/Mütter zu verstehen.

WIT: Welche Tipps hast du für Bewerbungsgespräche für technische Positionen?
Svenja: Sich gut vorbereiten.
Ein Gespür und Verständnis für Technik und komplexe Zusammenhänge solltest du mitbringen.
Ansonsten kann man alles lernen.
Die richtige Attitude und das Lernen/Verstehen wollen ist viel wichtiger.

WIT: Frauen in technischen Berufen sind ja leider noch eine Minderheit. Was sind deine Gedanken zu diesem Thema?
Svenja: Oh, dazu habe ich bereits oben schon sehr viel gesagt.
Frauen in technischen Berufen sind auch tatsächlich ein europäisches, beziehungsweise deutsches Problem.

WIT: Was verbindet dich mit Frauen in der Technik?
Svenja: Der Spaß daran, Technik zum Laufen zu bringen. Das Interesse an komplexen Zusammenhängen und die logischen Abläufe zu hinterfragen und einfacher zu machen.

WIT: Bitte beschreibe eine herausfordernde Situation, der du in deinem Beruf in der Vergangenheit begegnet bist.
Svenja: Ich neige leider sehr dazu, in anerzogene Selbstzweifel zu fallen und brauche dann Hilfe von mir selber, mich wieder aufzubauen.
Das kann mit sehr präsenten, überzeugten Kollegen schon mal zu Problemen führen.

WIT: Wohin möchtest du dich zeitnah beruflich und persönlich weiter entwickeln?
Svenja: Gerne möchte ich noch mehr anderen helfen, sich weiterzuentwickeln.

WIT: Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Role Models?
Svenja: Ich bewundere sehr unsere Vorreiterinnen, wie Grace Hopper oder Ada Lovelace.
Aber auch heute gibt es beeindruckende Frauen, die ihren Weg gehen und das, ohne sich zu verbiegen.

Traut euch.

Auch als Anwenderinnen von Technik.
Technik sollte immer so gemacht sein, dass es Falsch Handhabung abfängt.
Wenn du es durch einfachen Gebrauch kaputt machen kannst, ist es schlecht gemacht.

Vielen Dank für das Interview, Svenja!

 

 

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