WIT: Hallo, Ainara, Bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich
Ainara: Hallo, ich bin Ainara, 31 Jahre alt, Cloud Native Software Engineer. Ich kam mit 17 aus Kasachstan nach Deutschland, um am Karlsruher Institut für Technologie Informatik zu studieren. Nach dem erfolgreichen Abschluss habe ich in der Forschung gearbeitet, aber irgendwann doch den Sprung in die Industrie gemacht. Ich wohne in Karlsruhe und arbeite zur Zeit bei der codecentric AG.
WIT: Was machst du beruflich?
Ainara: Ich bin IT Consultant mit dem Schwerpunkt Cloud Native Backend Software Engineering. In meiner projektfreien Zeit unterstütze ich junge Talente durch Mentoring und Basics Schulungen. Vor Kurzem habe ich auch eine unabhängige lokale Community für Frauen in der IT in Karlsruhe gegründet – TechLadiesKA.
WIT: Was genau versteckt sich hinter deiner Berufsbezeichnung?
Ainara: Ich muss erstmal Verständnis schaffen, was das Problem und das Ziel von meinen Kunden sind. Dann schlage ich mehrere Varianten für Problemlösung und Zielerreichung vor, mit jeweils Vor- und Nachteilen sowohl aus technischer als auch aus Business-Sicht. Ggf. mache ich noch ein paar Prototypen oder Proof-of-Concepts, aber danach kommt der technische Teil – Entwicklung der abgesprochenen Lösung. Ich bin im Backend unterwegs, habe aber auch Erfahrung im Frontend und Mobile Entwicklung gesammelt.
Und dabei beschäftige ich mich immer im Hintergrund mit zwei folgenden Fragen:
1. Ideen – wie kann ich noch meinem Kunden und seinem Business helfen?
2. Team – was kann ich machen, damit unser Team wirklich ein Team ist und besser performen kann?
WIT: Wie bist du dazu gekommen, einen technischen Beruf zu wählen?
Ainara: Ich habe mein ganzes Schulleben Deutsch gelernt und dachte, ich werde Übersetzerin oder mache irgendwas in Richtung internationale Politik. In meinem letzten Schuljahr war mir klar, ich muss mich nochmal neu orientieren. Was kann ich gut? Was kann ich mir vorstellen, von 0 wirklich anzufangen? MINT-Fächer waren für mich immer kein Problem und dieses „Programmieren“ ist ja spannend, könnte man ausprobieren. Ungefähr so 🙂
WIT: Wer oder was hat dich am meisten inspiriert, einen technischen Beruf zu wählen?
Ainara: Meine Mutter und mein Opa. Beide berühmten Mathematiker in Kasachstan, beide Professoren und brennen wirklich dafür, was sie machen. Irgendwann ist meine Mutter Dekan für Informatik geworden und dann habe ich mehr über die IT-Welt und Perspektiven erfahren.
WIT: Hat dich Technologie und/oder Programmieren schon immer interessiert?
Ainara: Ich habe mich früher tatsächlich mehr für Mathematik und die Beschreibung der Welt durch Mathematik und Physik interessiert. Mit der Zeit kam es dann zu „wow, ich kann die Welt als Objekte definieren und alles im Code beschreiben“. So fing meine Begeisterung an.
WIT: Haben deine Eltern und Lehrer deine Vorliebe und dein Interesse für Technik gefördert?
Ainara: In der Schule eher nicht – da lag der Fokus auf Deutsch. Meine Mama hat mich immer unterstützt und erzählt, was man alles noch erforschen könnte. Mein Opa hat sich wirklich Zeit genommen und verschiedene Beweise und Experimente für mich anschaulich gemacht. Leider waren manche Dinge noch zu klein. Jetzt, wo ich daran denke – es war einfach mega cool, was er in mich investiert hat.
WIT: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Ainara: Die Abwechslung, das Life-Long-Learning und Erprobung neuster Technologen und das Erreichen von Zielen. Letzteres füllt mich wirklich von innen heraus aus. Wenn ich sehe, was wir als Team erreicht haben und wie es sich auf das Kunden-Business auswirkt. Oder wenn ich jemanden mit Rat und Tat unterstütze und sehe, wie er oder sie die Ziele Schritt für Schritt erreicht.
WIT: Was ist für dich das Schönste an deinem Arbeitsalltag?
Ainara: Die Flexibilität. In allen Sinnen.
1. Ich mache das, was ich wirklich liebe, von wo und wann es am besten passt
2. Flexible Arbeitsweise – iterativ und mit Raum für Änderungen
3. Die Welt tickt von heute auf morgen anders – dann ändern wir die Richtung oder die Technologie, whatever – ich überlege WIE
WIT: Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Ainara: In der Boulderhalle oder mit dem Laptop auf der Couch 🙂
WIT: Welche Botschaft möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Ainara: Ihren Interessen folgen, mutig sein und nach Möglichkeiten suchen, die Erfahrung bringen können.
WIT: Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Ainara: Es gibt keine Grenze, sie ist nur in deinem Kopf.
WIT: Welchen Herausforderungen begegnest du speziell als Frau in deinem Beruf?
Ainara: Gender Pay Gap ist leider kein Witz.
Mir werden privaten Fragen gestellt, welche meinen männlichen Kollegen nicht gestellt werden.
Nur noch einmal sich beweisen, damit man gehört wird.
Vorschlag oder Tat hat mehr Chancen unsichtbar zu bleiben.
WIT: Welche Tipps hast du für Bewerbungsgespräche für technische Positionen?
Ainara: Egal für welche Positionen – sich selbst treu sein, seine Interessen zeigen und auf die Stärken fokussieren. Bereit zum Lernen sein und den inneren Drive zeigen. Und ich glaube, auch ganz wichtig vor allem für Neulinge zu betonen: Bewerbungsgespräch ist keine Prüfung.
WIT: Frauen in technischen Berufen sind ja leider noch eine Minderheit. Was sind deine Gedanken zu diesem Thema?
Ainara: Vieles davon liegt leider in der Kindheit: Bild von einer „klassischen“ Frau und die Trennung, was männlich und was weiblich ist. Zum Glück gibt es immer mehr Initiativen, die Mädchen helfen, diese Stereotypen rechtzeitig zu überwinden. Woran wir aber noch arbeiten sollten – die Vielfalt der IT-Welt zeigen. Es ist durchaus gar nicht notwendig, programmieren zu können oder irgendwie sehr Techie zu sein. Es gibt so viele Rollen, die es nicht erfordern. Ich bin davon überzeugt, dass je mehr wir diese Vielfalt transparent abbilden können, desto mehr Quereinsteigerinnen wir haben werden. Ich arbeite auch proaktiv in diese Richtung.
WIT: Was verbindet dich mit Frauen in der Technik?
Ainara: Wir sind alle in einem Topf und haben ähnliche Herausforderungen.
WIT: Bitte beschreibe eine herausfordernde Situation, der du in deinem Beruf in der Vergangenheit begegnet bist.
Ainara: Es ist echt schwierig, eine zu picken. Aber z.B. Jobsuche nach der Elternzeit – Vollzeitstelle mit einem Kleinkind? Das war für viele leider ein Witz – ich habe dazu eine Post-Serie auf meinem LinkedIn Profil 🙂
WIT: Wohin möchtest du dich zeitnah beruflich und persönlich weiterentwickeln?
Ainara: Beruflich möchte ich mich Richtung Organisation bewegen, ich möchte nicht nur beim Kunden Mehrwert bringen, sondern noch mehr Beitrag zu unseren eigenen internen Strukturen leisten. Dabei natürlich mein Kundenengagement verstärken und mein Fachwissen erweitern. Ich möchte noch mehr Frauen empowern, vernetzen und den „Eingang zur IT“ für sie transparenter machen.
Für alle, die in Karlsruhe und Umgebung wohnen, herzlich willkommen zu unserer Community TechLadiesKA – www.linkedin.com/groups/130850…
Es lohnt sich auf jeden Fall vorbeizuschauen 🙂
Mein LinkedIn Profil: www.linkedin.com/in/ainara-mil…
Vielen Dank für das Interview, Ainara!