Interview mit Janine Mayer, Prozessmanagerin

WIT: Hallo, Janine, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich.
Janine: Hi! Ich bin Janine und 23 Jahre alt. Gebürtig komme ich aus Schleswig-Holstein, lebe und arbeite heute aber in der schönsten Hansestadt der Welt, in Hamburg.

WIT: Was machst du beruflich?
Janine: Ich bin als Prozessmanagerin in einem mittelständischen Unternehmen tätig. Dort agiere ich als Stab- und Schnittstelle zur IT.
Zusätzlich bin ich für den Bereich Compliance zuständig und seit Kurzem übernehme ich als Key Userin projektbezogene Tätigkeiten bei der Implementierung eines neuen standortübergreifenden ERP-Systems.

WIT: Was genau versteckt sich hinter deiner Berufsbezeichnung?
Janine: Tatsächlich habe ich sehr vielseitige Aufgabenbereiche. Zusammengefasst kann man aber sagen, dass das Prozessmanagement sicherstellt, dass die Vielzahl von Prozessen innerhalb einer Unternehmensorganisation vor dem Hintergrund der Unternehmensziele abgestimmt und koordiniert funktionieren. Die obersten Ziele dabei stellen Effektivität, Produktivität und somit Kundenzufriedenheit dar. Bei Bedarf werden Prozesse optimiert und vermehrt durch IT gestützte Lösungen digitalisiert. Darüber hinaus gehört auch die Organisation und Sicherstellung der Prozessdokumentation im Rahmen des internen TQMs zu meinen Aufgaben.
Hierbei fallen je nach Unternehmensbereich und Prozess natürlich ganz unterschiedliche Aufgaben an. Hier gilt es flexibel zu sein und sich schnell in neue Themen reindenken zu können.
Das jetzige Prozessmanagement wird sich durch die Implementierung des ERP-Systems in den nächsten 1-2 Jahren vollständig verändern. Diesen Change werde ich von Beginn an mitbegleiten. Das wird eine spannende Zeit!

WIT: Wie bist du dazu gekommen, einen technischen Beruf zu wählen?
Janine: Meine Begeisterung für IT und Technik hat sich erst während meines Studiums und mit meinen ersten beruflichen Erfahrungen entwickelt. Während des BWL-Studiums war ich bereits von den Möglichkeiten der Programmiersprache R fasziniert, die anders als Python in Data Science, in der Statistik zuhause ist. Ich bin jedoch nie tiefer eingestiegen. Für mich war Technik vor allem aus Nutzerperspektive interessant, insbesondere dann, wenn dadurch mein Leben einfacher oder Prozesse beschleunigt werden konnten.

Zum Wintersemester diesen Jahres werde in dann meinen berufsbegleitenden M.Sc. in Business Consulting & Digital Management beginnen und damit den „Deep Dive“ in das Thema wagen, um mich auch theoretisch weiterführend mit der Brücke zwischen Tech und Business auseinanderzusetzen.

Da ich noch sehr am Anfang meiner Karriere stehe, habe ich bisher noch nicht viel technisches Wissen, aber bisher kann ich sagen, dass je mehr ich anfange zu lernen, desto mehr liebe ich es.

WIT: Wer oder was hat dich am meisten inspiriert, einen technischen Beruf zu wählen?
Janine: Die Tech-Branche ist sehr schnelllebig, man lernt ständig dazu und es sind die verschiedensten Dinge möglich. Besonders KI und die Vielfalt der Möglichkeiten und Themen dazu faszinieren mich.

In diesem Bereich sehe ich auch besonders für Deutschland, als viertgrößter Industriestandort, viel Potenzial, KI in der Produktion einzusetzen. Aber vor allem die aktuelle Corona Pandemie hat uns gezeigt, dass der Pflegebereich Unterstützung und Entlastung benötigt. Auch hier gäbe es aus meiner Sicht Einsatzmöglichkeiten für KI. Patienten könnten mit Hilfe von KI-Lösungen fernüberwacht werden, um Warnsignale wie Husten früher wahrzunehmen. Der Einsatz kleiner Roboter mit Spracherkennung können Essenswünsche abfragen. Dies ermöglicht den Pflegekräfte Aufgaben an anderer Stelle nachzukommen.

Es ist eine so aufregende Branche, in der man Innovationen, Kreativität und Problemlösung vereint. Im Zentrum von Technik und IT steht der Mensch – all die Innovationen und Dienstleistungen sollen den Alltag der Menschen einfacherer, besser, sicherer machen – und deshalb möchte ich mein technisches Wissen und meine Fähigkeiten, besonders in KI, ausweiten.

WIT: Hat dich Technologie und/oder Programmieren schon immer interessiert?
Janine: Tatsächlich nicht. Ich hatte während der Schulzeit überhaupt keine Verbindung zu dem Thema und habe mich auch im ersten Schritt nicht für ein technisches Studium entschieden, obwohl ich immer gut in Mathe und Physik war. Während meines Dualen Studiums und meinen ersten beruflichen Erfahrungen waren es dann aber immer vor allem IT-Themen, die mich besonders begeistert haben. Ich selbst habe mich dort jedoch, speziell im Programmieren, nie gesehen. Im Nachhinein finde ich es sehr schade, dass ich Programmieren nicht schon in der Schule kennengelernt habe.

Denn lange war Informatik in meinem Kopf etwas Unerreichbares. Eine Art Königsdisziplin in der Technik, die ich mir nicht zugetraut habe. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass ich mich mit einigen Programmierumgebungen und Frameworks wie Java und Python aus reinem Interesse noch näher auseinandersetzen werde, da ich meinen Horizont auch einfach in diese Richtung erweitern möchte. Es gibt sehr viele Möglichkeiten sich selbst Themen beizubringen.

WIT: Haben deine Eltern und Lehrer deine Vorliebe und dein Interesse für Computer gefördert?
Janine: Meine Familie und Freunde sind mein Rückhalt und standen bei jedem meiner Schritte hinter mir. Aufgrund dessen habe ich die Möglichkeit, dass ich als Frau weniger Chancen auf Erfolg haben könnte, völlig ignoriert. Du kannst jedes Ziel erreichen, das du dir gesetzt hast, wenn du dafür arbeitest!

WIT: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Janine: Die Abwechslung. Als Prozessmanagerin gibt es in der Regel eine Problemstellung, die man lösen muss. Der Lösungsweg dahin ist erstmal offen. Mir gibt niemand vor, wie die Lösung ganz genau aussehen muss, sondern ich kann erstmal sehr kreativ sein und ausprobieren, was alles funktionieren könnte. Ich kann meine Kreativität einsetzen. Diese Freiheit motiviert mich jede Tag aufs Neue. Besonders spannend wird es natürlich dann, wenn mithilfe von IT-Lösungen die Komplexität eines Prozesses gelöst werden soll.

WIT: Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Janine: In meiner Freizeit bin ich gerne sportlich aktiv, entweder in der Sporthalle mit meine Basketball-Team oder mit dem SUP auf der Alster in Hamburg. Ich lese und lerne in meiner Freizeit aber auch viel, weil es immer Neues zu entdecken und zu lernen gibt. Ich interessiere mich für viel Verschiedenes.

WIT: Welche Botschaft möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Janine: Kommuniziere deine Kompetenz und Qualifikation, mache dich sichtbar, um dich durchzusetzen. Sich mit anderen Frauen zu vernetzen und auszutauschen, ist ein echter Benefit in der Tech-Welt, den man unbedingt nutzen sollte. Aus eigener Erfahrung kann ich besonders den Austausch mit einer erfahrenen Mentorin empfehlen.

WIT: Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Janine: Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich und die eigene Expertise. Mit Zurückhaltung oder falscher Bescheidenheit hat noch keiner Karriere gemacht.

WIT: Welchen Herausforderungen begegnest du als Frau in deinem Beruf?
Janine: Die positive Resonanz auf mein Interesse für Technik hat die negative bei weitem übertönt. Wenn man erstmal so weit gekommen ist, beschlossen zu haben, einen Weg in Richtung MINT einzuschlagen, kommen die vielen tollen Förderangebote fast von alleine.

Glücklicherweise habe ich nie negative Erfahrung damit machen müssen, dass mir jemand Steine in den Weg gelegt hat. Vielmehr habe ich Menschen kennengelernt, die mir während meiner Reise bis heute geholfen haben. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

WIT: Frauen in technischen Berufen sind ja leider noch eine Minderheit. Was sind deine Gedanken mit diesem Thema?
Janine: Ich denke, das liegt daran, dass wir gewöhnlich auf andere Karrierewege gelenkt werden. Die Tech-Branche wird den meisten aufwachsenden Frauen nicht einmal als Option angeboten. Viele wissen also gar nicht, dass es die Branche überhaupt gibt oder haben nicht genügend Informationen über die Arbeit und die dazugehörigen Jobs in der Tech-Branche. Vielen Frauen ist also gar nicht klar, in welchen Bereichen man tätig sein kann, ohne gleich Vollzeit-Entwicklerin sein zu müssen. Ich weiß, dass das bei mir der Fall war.

WIT: Was verbindet dich mit Frauen in der Technik?
Janine: Der Wille, mit Technik ein Unternehmen, eine Organisation und unseren Alltag ein bisschen besser und einfacher zu gestalten.

WIT: Wohin möchtest du dich zeitnah beruflich und persönlich weiter entwickeln?
Janine: Ich stehe noch ganz am Anfang meiner Karriere und vor allem auch am Anfang meines Weges weiter Fuß in der Tech-Branche zu fassen. Bislang habe ich in Digitalisierungsprojekten im Mittelstand gearbeitet und dort als Schnittstelle zur IT meine Erfahrungen gesammelt. Auf diesen Erfahrungen möchte ich aufbauen, Neues lernen, mit meinem bevorstehenden Master den nächsten Meilenstein auf meinem Entwicklungsweg setzen und nach den Sternen greifen.

WIT: Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Role Models?
Janine: Role Models sind wichtige Vorbilder und Wegweiser für den eigenen Weg. Es sind Frauen, die mich durch ihr Engagement, ihre Pläne und was sie schon erreicht haben unglaublich inspirieren und motivieren.

Ich denke da z.B. an unsere ganzen Hamburger IT-Frauen, wie Anja Schumann (moinworld), Diana Knodel (AppCamps, Fobizz), Tereza Iofciu (Women in AI), Julia Freudenberg (Hacker School), Julia Heidinger & Sabrina Jodexnis (Social Developers Club).

Ich finde es großartig, was viele Frauen für mehr Sichtbarkeit und Empowerment in der Branche auf die Beine stellen und mit anderen teilen.

Ein weiteres Role Model für mich ist meine Mentorin Maryna Herter (Microsoft), mit der ich über die Organisation „Aufsteiger“ seit Anfang des Jahres in Kontakt getreten bin und seither intensiv zusammenarbeite. Mich begeistert ihre nie endende Motivation, Innovationsfreudigkeit und was sie auf ihrem Entwicklungsweg schon alles erreichen konnte.

Ich freue mich immer über den Austausch und über neue Netzwerke, daher schreibt mir gerne bei LinkedIn.

 
Kategorien: Interviews
Regina
Web-Developer mit Leidenschaft und große Shakespeare-Liebhaberin.

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