WIT: Hallo, Verena, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich.
Verena: Hallo, ich bin Verena, 35. Nach 11 Umzügen hat es mich von meiner Heimatstadt München nach Overath (nähe Köln) verschlagen. Den Grundstein meiner heutigen IT-Karriere habe ich mit 16 Jahren gelegt; mit einem super schlechten Realschulabschluss und keinerlei Ahnung was ich beruflich machen soll 😉
WIT: Was machst du beruflich?
Verena: Ich bin Associate Partnerin bei der NAV IT Consulting GmbH. Wir sind ein kleines IT-Beratungshaus, das sich auf Softwareprojekte rund um die Logistischen Prozesse spezialisiert hat.
WIT: Was genau versteckt sich hinter deiner Berufsbezeichnung?
Verena: Hauptaufgabe ist die Leitung von Software Großprojekten im nationalen- und internationalen Umfeld. Ich berate Unternehmen zu Prozessen im Transport- und Logistikbereich, stelle verschiedene Softwarekomponenten vor und ‘übersezte’ die Kundenanforderungen für die Entwicklungsabteilung.
WIT: Wie bist du dazu gekommen, einen technischen Beruf zu wählen?
Verena: Da bin ich irgendwie so reingerutscht. Mit einer Ausbildung zur Schauwerbegestalterin und einer Ausbildung im Logistikbereich, habe ich sicher nicht den klassischen Werdegang. Eine meiner ersten Stationen nach der Ausbildung war ein großes Handelsunternehmen. Dort musste ich von einem Tag auf den anderen als Projektleitung für ein IT-Projekt einspringen und war sofort fasziniert von Logistik und IT. Im Anschluss war ich einige Jahre in der IT-Beratung und habe u.a. als IT-Managerin für einen globalen Spezialchemiekonzern gearbeitet.
Ach ja, ein bisschen studiert habe ich nebenbei auch noch. BWL mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und Logistik (Bachelor) und seit 2021 habe ich einen Master in Zoll, Compliance und Handelsrecht.
WIT: Wer oder was hat dich am meisten inspiriert, einen technischen Beruf zu wählen?
Verena: Während meiner ganzen beruflichen Laufbahn habe ich immer wieder Personen getroffen, die mir die IT ‘schmackhaft’ gemacht haben und die mir die Möglichkeit gaben Dinge auszuprobieren (natürlich inkl. scheitern).
WIT: Hat dich Technologie und/oder Programmieren schon immer interessiert?
Verena: Nein, das kam erst mit Anfang 20. In der Schule hatte ich Informatik und offensichtlich war es der Lehrauftrag, dieses Fach möglichst uninteressant zu gestalten. Wir hatten nur 5 Rechner für 15 Schüler*innen.
WIT: Haben deine Eltern und Lehrer deine Vorliebe und dein Interesse für Computer gefördert?
Verena: Meine Mathelehrerin attestierte mir eine völlige Unbegabtheit für alles was mit Mathe und Technik zu tun hat. Ich würde sie gerne heute nochmal treffen….
WIT: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Verena: Ich werde häufig gefragt, ob ich die Kreativität meines ersten Berufes vermisse und bin sehr verwundert über diese Frage. Für mich gibt es nichts kreativeres als Kundenprobleme zu lösen und neue Prozesse im Lager- und Transportumfeld zu gestalten. Ich mag es wenn die Festplatte im Kopf gefordert ist.
WIT: Was ist für dich das Schönste an deinem Arbeitsalltag?
Verena: Definitiv die Abwechslung. Da ist von Messebesuchen über Konzeptarbeit alles dabei.
WIT: Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Verena: Bei allem was mit Sport zu tun hat, egal ob in der Halle oder draußen.
WIT: Welche Botschaft möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Verena: Traut euch. Wenn es Jungs können, könnt ihr es auch 😉
WIT: Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Verena: Einfach machen!
WIT: Welchen Herausforderungen begegnest du als Frau in deinem Beruf?
Verena: Och ich glaube die ganz klassischen Themen. Ein Vorschlag wird abgelehnt, später von einem männlichen Kollegen wiederholt und plötzlich ist es ein Top Vorschlag.
Mansplaining durch einen 15 Jahre jüngeren Kollegen zu einem Thema in dem ich einen Master habe.
Sich mehr anstrengen müssen für Anerkennung.
Aber es wird langsam besser…oder ich nur älter und abgebrühter.
WIT: Welche Tipps hast du für Bewerbungsgespräche für technische Positionen?
Verena: Ich habe eher einen Tipp für die Jobsuche/Bewerbung. Auf jeden Fall bewerben, auch wenn ihr nicht über alle geforderten Qualifikationen verfügt.
WIT: Frauen in technischen Berufen sind ja leider noch eine Minderheit. Was sind deine Gedanken zu diesem Thema?
Verena: In meiner Schulzeit gab es viele Wahlfächer mit ‘entweder oder’ Charakter. Entweder Informatik oder Textverarbeitung. Die Jungs haben dann Informatik gewählt und die meisten Mädchen Textverarbeitung. Warum denn nicht alle Schüler*innen in beides reinschnuppern lassen? Manchmal braucht es nur einen Impuls, um für etwas eine Leidenschaft zu entwickeln. Wie viele talentierte Techniker*innen es wohl da draußen gibt, die einfach nur durch unser Schulsystem-Raster gefallen sind?
WIT: Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Role Models?
Verena: Habe keine bestimmten role models. In meinem Umfeld gibt es eine Vielzahl spannender Menschen, von denen man sich gewisse Eigenschaften ‘abschauen’ kann.
WIT: Vielen Dank für das Interview, Verena!
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